Vom Underdog zum weltweit gefragten Spezialisten

Als im Oktober 1999 die Firma SchaltanlagenZubehör Bad Muskau an den Start ging, gab es nur drei Mitarbeiter. Heute sind es über 80. Die meisten arbeiten am Gründungsstandort.

Quelle: Säschsische Zeitung vom 29.04.2023

Wer Firmengründer Maik Domel erstmals trifft, ist meist überrascht. Er sitzt in einem Büro ohne Schnickschnack in der zweiten Etage im Technologie- und Gewerbepark in Bad Muskau, trägt Jeans und Hemd statt Anzug, begrüßt Gäste mit kräftigem Händedruck statt Smalltalk und kommt gleich zur Sache. Zeit zum Plaudern hätte er sowieso kaum. Als geschäftsführender Gesellschafter trägt er die Verantwortung für ein Unternehmen mit über 80 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland und Aufträgen aus aller Welt.

Dass sich SchaltanlagenZubehör Bad Muskau (SZM) in nur 24 Jahren zum international agierenden Schaltgerätespezialisten mit kreativen Kundenlösungen aus einer Hand entwickelte, hatte Domel insgeheim zwar gehofft. Erklärtes Ziel war es nicht. Zwar brachte der einstige Standortleiter vom Schaltgerätewerk in Bad Muskau nötige Kontakte, Fach- und Branchenkenntnisse bei der Firmengründung ein.

Erfolg mit individuellen Lösungen

Doch ob drei Mitarbeiter, später 20, 42 und nun über 80 monatlich bezahlt und die Auftragsbücher entsprechend gefüllt sein müssen, sind Unterschiede. Erst recht, wenn man weltweit Kunden in der Energiewirtschaft, wie Kraftwerken und Umspannwerken, und energieintensiven Branchen wie Gießereien, Zementwerken oder Chemiebetrieben hat und somit krisenanfällig ist. Gründe, warum sich Maik Domel noch immer persönlich dafür verantwortlich sieht, dass Firma und Geschäft von A wie Anlagen und Aufträgen bis Z wie Zubehör und Zahlungen laufen.

Rückblickend, sagt der Firmenchef, habe SZM glücklicherweise mehr Höhen als Tiefen erlebt. Auch dank Kreativität und Flexibilität, Freiheit in den Entscheidungen, harter Arbeit und Investitionen in Produktion, Vertrieb, Marketing. Sie hätten manche Rückschläge, wie das Aus des Russlandgeschäfts, kompensieren können. „Und wir konnten unter anderem Neukunden in Australien und Südamerika gewinnen“, so Domel. Überhaupt habe man sich vom Schaltgeräte-Spezialisten zum Spezialisten für Anlagen der Energieerzeugung und -verteilung weiterentwickelt, biete entsprechenden technischen Service für Schaltgeräte, -anlagen, Netzstationen und Transformatoren. Zudem werden Energieanlagen bis 36.000 Volt von SZM geplant, entwickelt und installiert sowie Leistungsschalter und Lasttrennschalter, Antriebe für Schaltgeräte diverser Hersteller in Bad Muskau gefertigt. Das inzwischen wichtigste Standbein sind Retrofits, ein Geschäftsfeld mit schon über 300 Lösungsvarianten zur Modernisierung veralteter Anlagen. Und das, meint Maik Domel, laufe richtig gut. Die Idee dafür sei durch Gespräche mit vielen Kunden entstanden, die in die Jahre gekommene Schaltanlagen mit wartungsintensiven Schaltgeräten, für die es oft keine Ersatzteile mehr gibt, besitzen oder Anlagen, die nicht mehr den Standards entsprechen, weil sie größere Mengen Öl oder umweltschädliche Gase enthalten. Kunden, weiß Domel, hätten bislang nur vor einer Lösung gestanden: Investition in eine neue Schaltanlage. Ein äußerst kostenintensives Vorhaben, da Schaltanlagen meist in auf sie zugeschnittenen Gebäuden und Räumen stehen. Abgesehen davon müssen beim Austausch die Produktionsprozesse unterbrochen werden, was zusätzlich Zeit und bares Geld kostet. „Wir haben daher individuelle Lösungen entwickelt, bei denen nur das Herz der Anlage, also der Leistungsschalter, erneuert und passgenau an der Stelle eingesetzt wird, wo es zuvor war. So können Anlagen weitere mindestens 20 Jahre laufen, sparen Kunden Geld, werden letztlich Ressourcen geschont“, erläutert der 58-jährige SZM-Chef.

Mitarbeiter dringend gesucht

„Wir könnten von Entwicklung über Neuanfertigung bis Wartung und Instandhaltung viel mehr tun, wenn nicht massiv Personal von Produktion bis Service- und Montage fehlen würde“, bekennt der Firmenchef. Um Mitarbeiter zu halten und zu gewinnen, hat er bereits ein ganzes Paket geschnürt. Das reicht von freiwilligen Leistungen und guter Bezahlung – „wer Mitarbeiter will, muss gut zahlen“ – über flexible Arbeitszeiten, Freiräume an Arbeitsplätzen bis Personaleinbeziehung in bessere Abläufe. Positiv wirken sich gleichfalls langjährige Investitionen in Ausbildung in den Berufen Industriemechaniker und Elektroniker für Betriebstechnik; in Teilnahmen an Studienbörsen, Rückkehrertagen, Berufs- und Ausbildungsmessen und in Kooperationen mit regionalen Oberschulen und Hochschulen aus. Damit, sagt Domel, habe SZM eine relativ konstante Belegschaft. Doch bevorstehende Rentenabgänge müssten schnell, selbst über Quereinsteiger, ausgeglichen werden. Und trotz Anzeigen und Kampagnen in sozialen Netzwerken erweise sich aktuell gleichfalls die Suche nach Auszubildenden, einem kaufmännischen Leiter, Monteuren und einem Zerspaner als sehr schwierig. Weil das gleichfalls für Projektleiter oder Konstrukteure gilt, die meist nicht nach Bad Muskau wollen, gab es bereits Standorterweiterungen. So können Pendler in der Projektabwicklung nun auch in Lauta und mit kurzen Arbeitswegen arbeiten. In Berlin sind mittlerweile große Teile der Konstruktionsabteilung angesiedelt, was letztlich sogar die Betreuung internationaler Kunden erleichtert. „Da fangen die Herausforderungen bei Flughafenentfernungen an, gehen über Freizeitangebote und enden, beispielsweise bei Kunden aus dem arabischen Raum, beim Essenangebot. In all den Punkten ist Berlin ideal und trotzdem sind schnelle Abstecher zu Fertigung und Geschäftsführung in Bad Muskau möglich“, begründet der geschäftsführende Gesellschafter.

Wichtige Entscheidungen treffen muss er gleichfalls in naher Zukunft. So steht die Frage, wie 2024 das 25-jährige Firmenjubiläum mit Belegschaft und Gäste begangen wird. Eine Überraschung steht bereits fest: die Einführung eines neuen Produkts. Was es sein wird, dazu schweigt Maik Domel noch, sagt nur soviel: „SZM wird seiner Linie treu bleiben: nicht von der Stange liefern, selbst in kleinen Stückzahlen gute Arbeit machen, viele Sonderlösungen bieten. Das ist und bleibt Geheimnis unseres Erfolgs!“. Doch davor steht bekanntlich viel Arbeit. Seine will der Chef künftig auf breitere Schultern verteilen. Zwar reist er längst nicht mehr wegen neuer Aufträge und Kunden stetig durch die Welt wie einst, wo er allein in Griechenland drei Jahre in Raffinerien und Kraftwerken warb, um das Geschäft in Gang zu bringen. Das läuft heute, wie viele andere, gut. Nicht zuletzt dank der Vertriebsprofis. Apropos Profis. Die braucht der Chef auch zur Entlastung – „so ab 60 oder danach“ – und um mehr Zeit für Familie, Hobbys und Ehrenamt wie die Leitung des Vereins VfB Weißwasser zu haben. „Die Pläne ändern nichts am Firmenkonzept. Doch die Zukunft bleibt spannend“, verspricht Maik Domel.

Sabine Larbig